Eindrücke des Klima-Bündnis zur COP26

Die Planung der Präsenz unseres Netzwerks in Glasgow war in diesem Jahr nicht einfach: Corona-Quarantänen und -Restriktionen machten die Anreise für viele unserer einheimischen Partner*innen zu einer Herausforderung, die Organisation von Nebenveranstaltungen seitens der UNFCCC und des Gastgebers erfolgte in letzter Minute und die schottische Bahn streikte. Trotz dieser Hindernisse war das Klima-Bündnis stolz darauf, mit einer starken Delegation, bestehend aus drei Vorstandsmitgliedern, vier Vertreter*innen von drei nationalen Koordinationsbüros und einer engagierten kommunalen Vertreterin aus Deutschland, vor Ort zu sein. Von zahlreichen Präsentationen, strategischen Gesprächen mit Partner*innen und Interviews mit den Medien über die Mitarbeit an verschiedenen Erklärungen, der Besetzung des Klima-Bündnis-Standes und der Organisation einer Reihe von Veranstaltungen bis hin zur Übergabe der Kindermeilen an Patricia Espinosa, Chefin des UN-Klimasekretariats - der Terminkalender unserer Delegierten war voll!

Mit den Worten unserer Delegierten

Tine Heyse

Vorsitzende des Klima-Bündnis, Stadträtin für Umwelt, Klima, Energie und Nord-Süd der Stadt Gent (BE)

"Jede Klimapolitik sollte von vornherein sozial sein. Die Klimapolitik sollte die Kluft zwischen Arm und Reich nicht vergrößern. Was ich auf der COP aber auch gelernt habe, ist, dass eine schwache Klimapolitik die am wenigsten soziale von allen ist, weil gerade die Schwächsten die Folgen der voranschreitenden Erderhitzung zu spüren bekommen werden.

 

Eine zweite Lektion: Eine ehrgeizige Klimapolitik erfordert eine Agrarwende. Während viele Städte und Gemeinden dies erkannt haben, blieb das Thema am Verhandlungstisch unbeleuchtet. Da ein Drittel aller Treibhausgasemissionen mit Lebensmitteln und der Landwirtschaft zusammenhängt, liegt es auf der Hand, dass wir uns auf lokale, gesunde und pflanzliche Lebensmittel konzentrieren müssen. Eine Konzentration auf die lokale Lebensmittelproduktion trägt auch direkt zum Schutz der Regenwälder und zur Stärkung der territorialen Rechte indigener Völker bei, deren Regenwälder durch Ölförderung und Agrarindustrie bedroht sind. Ihre Aussagen waren erschütternd.

 

Ehrgeizige Städte werden dringend benötigt. Sie müssen den Weg weisen, Hindernisse aufzeigen und den 'Karren ziehen'."


John Tanner

Vorstandsmitglied des Klima-Bündnis und Ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Oxford (UK)

"Es gibt eine Art von Vereinbarung. Viele Versprechungen wurden von vielen Regierungen gemacht. Aber es liegt noch ein langer Weg vor uns, bis unser Planet vor der Überhitzung gerettet ist.

 

Ich war Redner bei der Vorstellung eines Berichts, der von UK100 veröffentlicht wurde - einem britischen Städtenetzwerk, das sich verpflichtet hat, den Klimawandel zu bekämpfen. Zu Recht enthält der Bericht einen ganzen Abschnitt über die wichtige Arbeit des Klima-Bündnis. Leider wurde in der offiziellen Erklärung der COP26 die wichtige Rolle der Kommunen bei der Verwirklichung der CO2-Neutralität heruntergespielt.

 

Die Arbeit in Richtung Netto-Null ist eine einsame Angelegenheit für Kommunalpolitiker. Uns fehlt das Geld und die Macht. Die Wähler*innen lehnen oft die von uns gewünschten Veränderungen ab, so dass wir die Unterstützung von Netzwerken wie dem Klima-Bündnis brauchen, um uns zu inspirieren. Wenn die Stadt nebenan es schafft, können wir es auch.  

 

Wir haben das Know-how, um die globale Erhitzung zu begrenzen. Lassen Sie uns jetzt dafür sorgen, dass wir diese Veränderungen umsetzen und diesen Planeten für unsere Kinder und Enkelkinder retten."


Janine Müller

Klimaschutzmanagerin der Stadt Haan (DE)

„Die spannenden Dialoge mit Expert*innen aus aller Welt, sei es nun im Zug zur Konferenz, auf den vollen Fluren oder mit Sitznachbar*innen während der Sessions, sind etwas, das ich im Rahmen meiner üblichen Arbeit niemals hätte machen können. In den Medien mag die Konferenz für viele Beobachter*innen nach viel Papier und wenig Aktion aussehen, aber wie viele großartige und klimawirksame Initiativen und lokale Projekte weltweit umgesetzt werden, dringt nur selten nach draußen. Ich habe so viele spannende Good-practices und potenzielle Projekte für Haan im Gepäck und einige vielversprechende Kontakte geknüpft, unter anderem auch mit Kommunen und Organisationen im Globalen Süden.

 

Eine Forderung, die bei der Konferenz immer wieder im Raum stand, war Partizipation und Zusammenarbeit von Politiker*innen, Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen, Jugendlichen und durch den Klimawandel Betroffenen – und das sind wir im Endeffekt alle mehr oder weniger. Wir tragen beim Klimaschutz nicht nur die Verantwortung für unser Wohlergehen, welches – wie das Hochwasser in Gruiten eindrücklich gezeigt hat – zunehmend bedroht ist, sondern auch das Wohlergehen der Menschen in den Least Developed Countries im Globalen Süden, welche marginal zum menschgemachten Klimawandel beigetragen haben, aber durch diesen oft am schlimmsten getroffen werden.“

Karl-Ludwig Schibel

Nationalkoordinator, Klima-Bündnis Italien

„Die Kluft zwischen der Verschärfung des Klimachaos und den Reduktionsmaßnahmen öffnet sich noch immer, die Probleme wachsen schneller als die Lösungen. Mit verschärften Zielen für 2030 ist die Welt laut dem Emissions-Gap-Bericht der Vereinten Nationen auf Kurs für einen Temperaturanstieg von rund 2,7 °C in diesem Jahrhundert. Immer davon ausgehend, dass alle Länder alle angekündigten Klimamaßnahmen umsetzen, um ihre Ziele vollständig zu erreichen.

 

Diese Szenarien haben leider auch viele Wissenschaftler und einige Aktivisten dazu bewegt, ihre Hoffnungen in großtechnologische Phantasmen zu setzen und dafür zu plädieren, alle Optionen, CCS, Geo-Engineering und Nukleartechnik eingeschlossen, in Betracht zu ziehen. Die Front, die sich in Glasgow mit aller Deutlichkeit abgezeichnet hat, ist genau die: Um zu einer Welt ohne Emissionen zu gelangen, müssen Experten*innen, die Atom- und CCS-Technologien für falsch halten, ihre Stimme erheben und Aktivisten*innen ihre Strategien überdenken, um die selbsternannten Klimaretter*innen der Wirtschafts- und Finanzwelt, die für sich eine besondere Rolle bei den Entscheidungen über die Zukunft der Menschheit beanspruchen, in ihre Schranken zu verweisen.“



Die Delegation

Die folgenden Personen bildeten die diesjährige Klima-Bündnis-Delegation. Ein herzliches Dankeschön an Sie alle, dass Sie den Stimmen der europäischen Städte und indigenen Völker Gehör verschafft haben!

Tine Heyse, Vorsitzende des Klima-Bündnis, Stadträtin für Umwelt, Klima, Energie und Nord-Süd der Stadt Gent, (BE); Harol Rincón Ipuchima, stellvertretender Vorsitzender und Koordinator für Klimawandel und Biodiversität der COICA; John Tanner, Vorstandsmitglied des Klima-Bündnis und ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Oxford (UK);Karl-Ludwig Schibel, Koordinator des Klima-Bündnis Italien; Csaba Lajtmann, Vorsitzender des Klima-Bündnis Ungarn; Birgit Engel, Koordinatorin des Klima-Bündnis Luxemburg und Action Solidarité Tiers Monde; Cedric Reichel, Koordinator des Klima-Bündnis Luxemburg und Action Solidarité Tiers Monde; Janine Müller, Klimaschutzmanagerin der Stadt Haan (DE); Thomas Brose, Geschäftsführer des Klima-Bündnis; Andreas Kress, Projektkoordinator des Klima-Bündnis; Silke Lunnebach, Projektkoordinatorin des Klima-Bündnis; Gillian Dick, Raumplanungsmanagerin, Forschung und Entwicklung des Stadtrats von Glasgow (UK)