Klimanotstand in Schwerin

Gemeinsam Herausforderungen meistern

Am 27. Januar 2020 schloss sich Schwerin der Klimanotstandsbewegung an und verabschiedete einen eigenen Klimanotstandsbeschluss. Die Stadt setzte damit ein deutliches Zeichen für eine Weiterentwicklung der städtischen Klimapolitik.

Die kleinste Landeshauptstadt Deutschlands hat sich viel vorgenommen, doch steht auch vor großen Herausforderungen. Das Abstimmungsergebnis in der Stadtvertretung war knapp. Mit nur 22 Stimmen für den Beschluss konnte sich eine kleine Mehrheit gegen 19 Gegenstimmen durchsetzen. Auch finanzielle Ressourcen sind begrenzt. „Seit 1992 ist Schwerin aufgrund struktureller Defizite dazu verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Damit sind neue freiwillige Leistungen, wie die Etablierung von städtischen Förderprogrammen für den Klimaschutz, nahezu unmöglich”, kommentiert Daniel Meyer-Kohlstock, Fachgruppenleiter Immissionsschutz und Umweltplanung der Landeshauptstadt Schwerin.

Doch Schwerin hat Lösungsansätze gefunden, um diese Herausforderungen zu meistern. Mit starken Organisationen und einer aktiven Zivilgesellschaft gelingt es der Stadt, den Klimaschutz voranzutreiben und ehrgeizige Ziele anzustreben, wie z.B. die 100 %ige Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen bis 2035. Dies beweist auch die aktuelle Beteiligung der Menschen bei der Erstellung des Plans „Klimagerechtes Schwerin”. Die Ambitionen des Klimanotstandsbeschlusses werden hiermit in einen neuen Maßnahmenplan gegossen. Dieser wird derzeit (Juli 2021 – Juni 2022) im Rahmen von fünf Workshops gemeinsam mit betroffenen Interessengruppen – von Zivilgesellschaft über Unternehmen bis zur Politik – erarbeitet und diskutiert.

Seit Ausrufung des Klimanotstands steht die Stadtverwaltung auch in engerem Austausch mit lokalen Organisationen. Die Klima Allianz Schwerin bringt mehrheitlich private und kommunale Unternehmen zusammen. In Arbeitsgruppen, an denen auch regelmäßig Verantwortliche der Schweriner Stadtverwaltung teilnehmen, werden gemeinsam Ideen und Maßnahmen entwickelt. Auch mit dem im Februar 2020 gegründeten städtischen Klimabündnis (unabhängig vom europäischen Klima-Bündnis) findet ein regelmäßiger Austausch statt. „Überwiegend zivilgesellschaftlich aktive Menschen engagieren sich in diesem Vereins-Bündnis und unterstützen uns dabei, Projekte voranzubringen, aber auch den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung auf die Finger zu schauen”, ergänzt Daniel Meyer-Kohlstock.

Seit Anfang 2021 ist Schwerin zudem Mitglied im Klima-Bündnis und nutzt das offizielle Bilanzierungstool, den Klimaschutz-Planer. Zwei Mitarbeiter der Stadt-verwaltung wurden zu dessen Nutzung weitergebildet und können somit künftig Aktualisierungen selbstständig vornehmen, was zu einer geringeren Abhängigkeit von externen Gutachten und Kostenersparnissen führt.

Mit den Stadtwerken Schwerin und dem Nahverkehr Schwerin hat die Stadtver-waltung weitere wichtige lokale Akteure an ihrer Seite, die schon seit Längerem konkrete Schritte für den Klimaschutz gehen. Die Stadtwerke Schwerin erzeugen bereits seit 2007 einen Teil der Fernwärme über eine eigene Biogasanlage. Durch die Inbetriebnahme einer im Bau befindlichen Geothermieanlage erhöht sich der Anteil erneuerbarer Energien im Fernwärmenetz ab 2022 auf circa 15 - 20 Prozent. Mittlerweile gehören auch zehn Photovoltaikanlagen zum Erzeugungspark der Stadtwerke und ihrer Tochterunternehmen. Mit einer Gesamtleistung von 4.547,59 kWp wird so grüner Strom in Schwerin gewonnen. Das städtische Straßenbahnnetz wird seit mehreren Jahren mit Ökostrom betrieben und der Nahverkehr Schwerin hat 2020 die Umstellung der Busflotte von Diesel- auf Elektro-Antriebe in die Wege geleitet.

Schwerin macht deutlich, dass geringe Ressourcen kein Hindernis für Klimaschutz sein müssen. Die Stadt setzt bei der Erreichung ihrer ambitionierten Ziele auf ein Netzwerk aus engagierten Menschen und Institutionen. Auch die knappe Entscheidung für den Klimanotstandsbeschluss in der Stadtvertretung hat Schwerin bisher nicht an der Umsetzung der Pläne gehindert. „Insbesondere diejenigen, die gegen den Beschluss gestimmt haben, erinnern oft daran, dass die damaligen Befürworter des Klimanotstands ja eigentlich konsequenter für Klima- und Umweltschutz eintreten müssten”, erzählt Daniel Meyer-Kohlstock. Der Klimanotstandsbeschluss hat somit das Thema Klimaschutz im Bewusstsein der gesamten Stadt fest verankert und entfaltet nach und nach spürbar eine reale Wirkung.

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geschrieben August 2021