Konstanz im Klimanotstand

Konstanz im Klimanotstand – Ein Jahr im Rückblick

Am 2. Mai 2019 rief Konstanz als erste Stadt in Deutschland den Klimanotstand aus und war damit der Auslöser einer regelrechten Klimanotstandsbewegung in der Bundesrepublik. Der Klimanotstandsbeschluss wurde damals einstimmig im Konstanzer Gemeinderat getroffen. Die Ziele waren klar, der Wille vorhanden. Bereits im Juli 2019, also nur zwei Monate später, wurden Sofortmaßnahmen mit einem zweiten Beschluss im Gemeinderat in die Wege geleitet.

Konstanz hat sich verpflichtet, ab sofort alle Entscheidungen des Gemeinderats hinsichtlich ihrer Klimaauswirkungen zu prüfen. Eine Klimarelevanzabfrage wurde entwickelt. Antragssteller*innen müssen seither in jeder Beschlussvorlage angeben, ob ihr Projekt positive, negative oder keine Auswirkungen auf das Klima haben wird. Bei negativen Auswirkungen muss der Beschluss vom Gemeinderat diskutiert werden und es müssen alternative Handlungsoptionen dargelegt werden, z.B. welche klimafreundlichere Lösungen es gibt. Neben der Klimarelevanzabfrage hat Konstanz auch weitere konkrete Maßnahmen ins Rollen gebracht. So dürfen neue Häuser nur noch mit Solardach gebaut werden und städtische Gebäude werden energieeffizient saniert. Für Neubaugebiete werden Energiekonzepte erarbeitet, die eine nachhaltige Energieversorgung zum Ziel haben. Der KfW55-Standard ist hier als Mindestanforderung gesetzt, außerdem sollen weitestmöglich lokal verfügbare erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Bürger*innen werden angehalten, so oft es möglich ist auf ihr Auto zu verzichten und stattdessen nachhaltige Mobilitätsoptionen wie das Rad oder den ÖPNV wahrzunehmen. Der Anteil des Autos liegt bei den von Konstanzer*innen zurückgelegten Wegen bei nur mehr 25 %, eine weitere Reduktion ist durch die Umsetzung von Hand-lungsprogrammen zum Rad- und Fußverkehr vorgesehen. 

Konstanz ist nun seit einem Jahr im Klimanotstand und noch immer überzeugt von diesem Weg. Der Klimanotstand sorgte beispielsweise für neue Stellen, wie in den Bereichen Stadtverkehr und Hochbau. Damit soll der Klimaschutz in allen Disziplinen mitgedacht werden. Die Herausforderung ist nun, Klimaschutz interdisziplinär zu denken. Dabei müssen vor allem kommunale Prozesse verändert werden. „Die lokale Verwaltung muss auf das gemeinsame Klimaschutzziel eingeschworen werden“, betont Lorenz Heublein, Klimaschutzkoordinator der Stadt Konstanz. Klimaschutz soll projektübergreifend gedacht und Maßnahmen über Verwaltungseinheiten hinaus geplant und umgesetzt werden. Die behördlichen Strukturen müssen den Anforderungen der Klimakrise entsprechen, um die Klimaschutzziele in Angriff zu nehmen und dem Klimanotstand gerecht werden zu können.

Der Klimanotstand sorgte zudem auch für eine höhere Aufmerksamkeit der Thematik in der Stadt. „Seitdem wir den Klimanotstand im letzten Jahr ausgerufen haben ist Klimaschutz viel präsenter – er kommt nun in jeder Gemeinderatssit-zung auf und wird verwaltungsintern im Rahmen einer bereichsübergreifenden Taskforce-Arbeitsstruktur bearbeitet, die beispielsweise auch unsere Stadtwerke umfasst“, kommentiert Lorenz Heublein. Das gesteigerte Bewusstsein für den Klimaschutz ist ein wichtiger Aspekt und zeigt auch, inwiefern der Klimanotstand nachhaltig wirken kann: Klimaschutz ist aus dem Alltag kommunaler Verwaltungen nicht mehr wegzudenken.


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geschrieben Juni 2020