Ein lokales Netzwerk als Schlüssel zur klimaneutralen Verwaltung

München (DE) bringt städtische Akteur*innen für die Klimaneutralität zusammen

Auf dem Weg zur Klimaneutralität müssen Städte und Gemeinden auch die CO2-Emissionen in ihrem direkten Einflussgebiet betrachten. Klimaneutrale Verwaltung ist hier das Stichwort. Doch die Bilanzierung von Emissionen im Verantwortungsbereich einer Kommune bringt viele Herausforderungen mit sich, insbesondere für größere Städte. Die bayerische Landeshauptstadt München zeigt mit ihrer Strategie aber, wie alle städtischen Akteur*innen an einem Strang ziehen können.

Corporate Carbon Footprint nennt die Münchner Stadtverwaltung ihr Instrument zum Monitoring für das Ziel der Klimaneutralität bis 2030. Der Prozess startete bereits 2019 mit der ersten Bilanzierung. Grundlage für den Startschuss war der Klimaneutralitätsbeschluss des Stadtrates, ein zentraler Grundbaustein für den späteren Erfolg des Vorhabens. Das Besondere am Münchner Weg ist die Einbindung aller Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften, bei denen die Stadt mindestens 50 % Anteile hält. Die Herausforderung hierbei? Die schiere Größe der Gruppe aus Geschäftsführer*innen, Klimaschutzmanager*innen und weiteren Ansprechpartner*innen aller beteiligten Institutionen erfordert einen strategischen Austausch und gute Kommunikation.

Netzwerkbildung als Schlüssel für den Erfolg
„Ein zentraler Erfolgsfaktor für uns ist die Netzwerkbildung, denn nur so schaffen wir es, alle rund 200 beteiligten Personen einzubinden und zum Mitmachen zu motivieren. Wichtig ist auch, dass wir als Stadtverwaltung dabei als zentraler Ansprechpartner auftreten und die Fäden zusammenhalten“, erläutert Astrid Keidel, Referat für Klima- und Umweltschutz der Landeshauptstadt München. Als Vermittlerin organisiert die Stadt neben den Informationsveranstaltungen zum Ablauf und Zeitplan der Datenlieferungen und Berichterstattung auch regelmäßige Netzwerktreffen, zuletzt beispielsweise zu den Themen PV-Förderung und Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung, die bei vielen Betrieben auf großes Interesse gestoßen sind. Außerdem bringt die Stadtverwaltung über das Netzwerk auch gezielt Beteiligte zusammen und ermöglicht Synergien über Institutionen und Ressorts hinweg. Beispielsweise können sich die Kliniken und Pflegeheime im Bereich der nachhaltigen Beschaffung oder zum Thema „Nachhaltigkeit in der Küche“ austauschen und voneinander lernen. Die Zusammenarbeit wird von allen Beteiligten als sehr gewinnbringend empfunden, die Unternehmen arbeiten sehr gut mit.

Die Herausforderung der Vergleichbarkeit
Die Einbindung der Beteiligungsgesellschaften in das Vorhaben der klimaneutralen Verwaltung bringt aber auch Hürden mit sich, wie bspw. die gemeinsame Bilanzierung und Kommunikation der Ergebnisse. Zuletzt hat die Stadtverwaltung die Bilanzen 2020 und 2021 veröffentlicht. Beim Blick auf die Ergebnistabelle wird jedoch schnell klar: Die Zahlen bedürfen einer Erläuterung. Die Basisjahre der Unternehmen unterscheiden sich, die Entwicklungen der Zahlen unterliegen Schwankungen, die erklärt werden müssen. Die Erklärungen dafür sind vielfältig: externe Faktoren, wie die Corona-Pandemie oder der Angriffskrieg in der Ukraine, Flächenzuwächse, die in einer stetig wachsenden Stadt z. B. durch den notwendigen Schulneubau ausgelöst werden, unterschiedliche Datenverfügbarkeiten oder Berichtsstandards in den Betrieben. Doppelbilanzierung ist eine weitere Gefahr, insbesondere da bei den Emissionsdaten der kommunalen Stadtwerke die gesamte Energieproduktion abgebildet wird und somit auch unter anderem die Endenergieverbräuche der anderen beteiligten Unternehmen. Man merkt also schnell: Ohne die entsprechende Kommunikation gibt es Raum für Missverständnisse. Die Stadtverwaltung München begegnet dieser Herausforderung mit der Begleitung und Beratung der Unternehmen und detaillierten und umfassenden Erläuterungen in ihren Monitoring-Berichten und veröffentlicht alle zwei Jahre Bekanntgaben, die intern mit den Unternehmen abgestimmt werden. „Im Rahmen der Klimafahrpläne, die die Unternehmen ebenfalls mit Begleitung des Teams des Corporate Carbon Footprints erstellen und die mit dem Treibhausgasmonitoring verfolgt werden, werden auch konkrete Maßnahmen für die Klimaneutralität beschrieben. Das könnte man in die Berichterstattung ebenfalls übernehmen, dies ist in unserem Fall aufgrund der großen Anzahl an Maßnahmen nicht umfassend möglich und wird über andere Berichtspflichten erfüllt“, kommentiert Astrid Keidel.

In Bezug auf die Maßnahmen für eine klimaneutrale Verwaltung schöpft München aus den Vollen und legt dabei insbesondere einen Fokus auf die Sanierung der eigenen Liegenschaften und hohe energetische Neubaustandards, den Wechsel auf erneuerbare Energieträger bzw. die Dekarbonisierung der Fernwärme. Außerdem setzt die Verwaltung auf Sensibilisierung ihrer Mitarbeiter*innen, nachhaltige Mobilitätsangebote und nachhaltige interne Richtlinien bspw. für Dienstreisen. Schaut man auf die nächste Bilanzierungsperiode lassen sich auch positive Entwicklungen bei den Emissionen beobachten. Die anstehende Bilanzierung ist auch die erste, die die Stadt mit dem Klima-Bündnis Instrument ESG-Cockpit, das von der österreichischen Software-Firma akaryon betrieben wird, durchführt. Die Verwaltung hat das Bilanzierungstool beschafft und stellt es nun kostenfrei allen teilnehmenden Organisationen zur Verfügung, die entweder nur Daten für die Bilanz der Stadt eingeben oder selbstständig eigene Berichte für die Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung erstellen. Die Beteiligten werden vom Team umfassend geschult und beraten. Ziel ist es, zukünftig eine effiziente und vereinfachte Bilanzierung stadtweit zu ermöglichen.

Tipps für Kommunen
Der Weg zur klimaneutralen Verwaltung kann sehr herausfordernd sein, insbesondere in einer großen Stadt wie München. Doch angesprochen auf Tipps für andere Städte und Gemeinden nennt Astrid Keidel einige Erfolgsfaktoren – ganz gleich ob für Großstadt oder ländliche Gemeinde: „Ein zentraler Baustein für den Erfolg des Vorhabens ist aus meiner Sicht die Entscheidung für die klimaneutrale Verwaltung auf oberster Ebene – sei es ein offizieller Ratsbeschluss oder eine Weisung des Bürgermeisters. Das ist die Voraussetzung dafür, dass alle mitmachen und gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Für die Zusammenarbeit mit den Eigenbetrieben und Beteiligungsgesellschaften ist es außerdem ratsam, die Ansprechpartner*innen darauf hinzuweisen, dass ihre Betriebe teilweise sogar gesetzlichen Pflichten unterliegen, die sie durch die Mitarbeit für die klimaneutrale Verwaltung erfüllen können – Win-Win für beide Seiten also. Des Weiteren empfindet Frau Keidel auch den thematischen Austausch außerhalb der Kommune gewinnbringend, wie beispielsweise durch die Klima-Bündnis Arbeitsgruppe Klimaneutrale Verwaltung oder auch Leitfäden, wie den ifeu Guide „Leitfaden Klimaneutrale Kommunalverwaltung Baden-Württemberg“.

Die deutsche Arbeitsgruppe klimaneutrale Verwaltung des Klima-Bündnis trifft sich regelmäßig in Person oder online. Sie widmet sich Themen wie Berichtswesen, Prozesse, Tools, Datenbeschaffung, Standards, Finanzierung und Maßnahmen und ermöglicht den Austausch unter Klima-Bündnis Mitgliedern. Sie haben Interesse, Teil der Arbeitsgruppe zu werden und das Ziel der klimaneutralen Verwaltung in Ihrer Kommune voranzubringen? Kontaktieren Sie Sina Jäger unter s.jaeger(at)klimabuendnis.org.

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Geschrieben im Juni 2025