Was steckt hinter dem EU-MERCOSUR Handelsabkommen

Das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und dem MERCOSUR in seiner jetzigen Form schützt weder die Umwelt, das Klima noch unsere Lebensgrundlagen. Eines seiner Hauptmotive ist die Steigerung der Importe landwirtschaftlicher Produkte, wie Zucker, Fleisch und Soja, aus den MERCOSUR-Ländern bei gleichzeitiger Steigerung der Exporte von beispielsweise Fahrzeugen, Textilien und Chemikalien in dieselben Länder. Das Abkommen würde somit die verschiedenen Industriezweige fördern, die bereits jetzt entscheidend zur Klimakrise beitragen. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist die Viehzucht zum Beispiel für 14,5% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Rindfleisch und Soja sind die Haupttreiber des illegalen Holzeinschlags, der die Mehrheit der Abholzung im Amazonasgebiet ausmacht.

Solch ein Abkommen wird somit auch lokale Landwirtschafts- und Lebensmit-telproduzenten in unseren Kommunen treffen. Mehr Importe aus Ländern auf der anderen Seite des Atlantiks mit geringeren Grund- und Arbeitskosten sowie niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards wird nicht nur unnötige Transportemissionen erzeugen, sondern auch zu Preisdumping führen, was für lokale Unternehmen verheerende Folgen haben kann. Dieser Effekt wird selbst in dem konservativen Modell der Nachhaltigkeitsverträglichkeitsprüfung prognostiziert, die für dieses Abkommen erstellt wurde. Anstatt Handel auf Modellen industrieller Landwirtschaft zu stützen, die auf Ausbeutung und Verknappung basieren, brauchen wir Abkommen, die eine Landwirtschaft fördern, die lokale Wirtschaften und Ökosysteme ergänzt und regeneriert.

Eine Bedrohung für Indigener Völker

"Wir, die indigenen Völker, sind diejenigen, die den Amazonas-Regenwald schüt-zen. Mit der Ratifizierung des MERCOSUR-Handelsabkommens würde die EU den Völkermord Bolsonaros an den indigenen Völkern unterstützen!” – Dinamam Tuxá, APIB

In diesem Jahr ist die Abholzungsrate im brasilianischen Regenwald bereits um 25% im Vergleich zu den gleichen sechs Monaten des letzten Jahres gestiegen, nachdem die brasilianische Regierung Kontrollen gegen illegale Abholzung ange-sichts der COVID-19-Pandemie weiter geschwächt hatte. Es ist unerlässlich, den Amazonas-Regenwald zu schützen: mit einem geschätzten Anteil von 10% an den globalen Kohlenstoffspeichern ist er eine der wichtigsten natürlichen Kohlenstoffsenken der Welt. Daher sind sowohl der Wald als auch die ihn beschützenden indigenen Völker entscheidend für die Eindämmung der Klimakatastrophen in Europa und dem Rest der Welt. Als einer der größten Biodiversitäts-Hotspots ist der Wald außerdem Heimat ganzer Völker und ihrer Kulturen.

Die Ökosystemdienstleistungen des Waldes sind lebenswichtig, um uns an die unausweichliche Erderhitzung anzupassen. Doch selbst in dem konservativen Modell der Nachhaltigkeitsverträglichkeitsprüfung wird eine Zunahme an Abholzung im Amazonasbecken prognostiziert, was den Druck auf die ohnehin schon fragilen Ökosysteme und indigenen Gemeinschaften erhöht und den Regenwald einem irreversiblen Kipppunkt näherbringt. Da die endgültige Nachhaltigkeitsverträglichkeitsprüfung erst im Juni 2020 veröffentlicht wurde, ein Jahr nachdem die Verhandlungen zum Handelsteil des Abkommens abgeschlossen waren, sind darüber hinaus jegliche Behauptungen, die Nachhaltigkeitsverträglichkeitsprüfung sei während der Verhandlungen ernsthaft zu Rate gezogen worden, haltlos.

Ein Aufruf zur Umweltzerstörung

Während der vor Kurzem veröffentlichte Bericht behauptet, die Abholzung könne aufgehalten werden „sofern angemessene Richtlinien vorhanden sind“, hat die brasilianische Regierung explizit Pläne geäußert, Umweltrichtlinien weiter zu schwächen. Präsident Jair Bolsonaro hat öffentlich seine Absicht erklärt, indigene Völker und den Regenwald für kurzfristige, wirtschaftliche Gewinne auszurotten und hat gleichzeitig den Klimawandel konsequent geleugnet. Da er bei weitem kein Einzelfall ist, muss jedes ausgehandelte Abkommen unverletzliche soziale und ökologische Schutzmechanismen beinhalten, wie in den oben genannten Forderungen dargelegt. Wir müssen sicherstellen, dass kein Handelsabkommen mit Regierungen abgeschlossen wird, die monetären Profit über soziales und ökologisches Gemeinwohl stellen. Jede mit der Regierung Bolsonaro getroffene Vereinbarung ist eine Bekräftigung ökologisch und sozial katastrophaler Politik, die in völligem Widerspruch zu den Idealen und Standards der Europäischen Union steht.

Aus diesen Gründen setzt sich das Klima-Bündnis für eine Neuverhandlung des Mercosur-Handelsabkommens ein, bei der das Klima an erster Stelle steht und die Politikkohärenz auf EU-Ebene sichergestellt wird.

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       Klima-Bündnis-Materialien

      EU Materialien (Englisch)

Foto: Victor Moriyama / Greenpeace